Iwein, der Ritter mit dem Löwen

Zum ersten Mal liegt dieser Klassiker der höfischen Literatur in einer Marionettenfassung vor, die sich eng an den Originaltext anlehnt.

 

Es gab schon früher Versuche, das Werk zu dramatisieren, unter anderem als - erfolglose - Oper (August Klughardt, 1879) und als Papiertheaterstück (Heinrich Greinz, 1890, Schreibers Kindertheater-Textbuch), doch beide Versionen sind relativ weit entfernt von den höfischen Romanen des Chrestien de Troyes und des Hartmann von Aue.

Siehe auch in Wikipedia s. v. Iwein.

 

Die Geschichte entführt uns in das Hochmittelalter, eine Zeit, in der man zwischen keltischen Gottheiten und Heroen einerseits und den christlichen Heiligen andererseits hin- und herpendelte. Die Barden, Dichter, Minnesänger und Spielleute pickten sich das jeweils Beste aus diesem Kuchen und erzählten packende Stories, in denen Einsiedler und Feen, der Heilige Gral und keltische Zauberbrunnen nebeneinander existierten und mannigfache Abenteuer für ihre Helden bereithielten.

Der Roman "Iwein, der Ritter mit dem Löwen" ist so eine Geschichte.

Iwein, der Ritter mit dem Löwen
Inszenierung nach den Artusromanen des Chrestien de Troyes und des Hartmann von Aue in 10 Bildern für Erwachsene und Kinder ab 8 Jahren.

Dauer: ca. 70 min.

 

Der Zauberer Merlin führt durch die Geschichte.

 

 

 

Iwein, ein Ritter aus König Artus' Tafelrunde,
bricht in den Wald von Brocéliande in der Bretagne auf,
um seinen schwer verwundeten Cousin zu rächen. Ein alter keltischer Gott weist ihm den Weg zur Gewitterquelle, einem magischen Brunnen, den ein schwarzer Ritter bewacht.

Iwein tötet den schwarzen Ritter
und verliebt sich in dessen Witwe Laudine.
Die Zofe Lunete erinnert sich,

dass Iwein sich am Artushof ihr gegenüber respektvoll verhalten hatte und rettet ihn vor den Männern des schwarzen Ritters, die ihren Herrn rächen wollen.

Lunete versucht zu vermitteln.

Die Herrin Laudine gewährt schließlich dem Artusritter, ihr Kriegs- und Minnedienst zu leisten. Iwein könnte glücklich sein, wenn nicht...

... ja, wenn nicht die anderen Artusritter, allen voran der ewige Spötter Keye, ebenfalls in den Wald gezogen wären, weil sie den Kampf gegen den "Herrn des Brunnens", den schwarzen Ritter, einfach als großes Abenteuer betrachten. Gawein jedenfalls, der Lieblingsneffe des Königs, überredet Iwein, wieder an den Hof zu kommen und sich in Turnieren zu bewähren. Laudine gibt ihm eine Frist von einem Jahr...

... die Iwein vor lauter Turnierseligkeit auch prompt versäumt. Daraufhin klagt ihn Lunete der Untreue an und verkündet, Laudine habe ihm ihre Huld entzogen.

Iwein hat mit einem Schlag alles verloren: die Liebe seiner Herrin und Gemahlin, ebenso das Land und gleichzeitig sein Ansehen, seine êre, als Ritter der Tafelrunde. Völlig verzweifelt reißt er sich die Kleider vom Leib und die Haare vom Kopf...

... welche aber umso stärker nachwachsen. Er lebt in der Wildnis unter Tieren und Einsiedlern, ...

... bis eine zufällig des Weges kommende Gräfin sich seiner erbarmt, ihn kuriert und auch gleich heiraten will, ...

... wenn er sie von einem lästigen Nachbarn befreit, was er als Gentleman auch tut, dann aber zu ihrer Unfreude das Weite sucht.

Er bekämpft einen Drachen, um einen Löwen zu retten, der ihm fortan als treuer Gefährte nicht von der Seite weicht. Wieder bei der Gewitterquelle muss er feststellen, dass Lunete von den Mannen des schwarzen Ritters eingekerkert wurde... 

... um am folgenden Tage als Hexe verbrannt zu werden. Iwein verspricht ihr, sie zu retten, muss aber in der Zwischenzeit noch rasch einen Riesen erledigen, der mit furchtbarer Verspätung zum Zweikampf kommt, was unseren Helden naturgemäß unter Zeitdruck bringt.

Allein steht er drei Kriegern gegenüber. Der Löwe kann den unfairen Kampf entscheiden und Lunete wird gerettet, Iwein aber ist schwer verwundet. Laudine erkennt ihren Gemahl nicht.

Nach einer Zeit der Genesung und weiteren Heldentaten muss sich Iwein in einem Gottesurteil gegen einen anderen Ritter bewähren, der sich schließlich als Gawein entpuppt.

Nachdem König Artus ein Machtwort gesprochen hat, ist Iweins êre wiederhergestellt. Er wird als "Löwenritter" erneut in die Tafelrunde aufgenommen.

Wieder am Brunnen kann Lunete schließlich bewirken, dass auch Laudine ihrem Gemahl verzeiht.

Uraufführung: Oktober 1998, Universität Wien, Institut für Romanistik

 

Oktober 2002, Internationale Puppentheatertage Mistelbach

Mai 2003, Mittelalterfest Waidhofen/Ybbs

September 2004, Mittelalterfest Eggenburg



Das Stück ist weder Komödie noch Tragödie, sondern die szenische Illustration einer Geschichte zwischen Märchen und Epos.

Es soll einen Einblick geben in die höfische Kultur des 12. und 13. Jahrhunderts mit ihren Träumen und Idealen, ihrem Ehrenkodex und dem - sich vor allem aus letzterem ergebenden - Konflikt zwischen minne und êre, d.h. Liebe und „Karriere", ein Thema, das gerade heute wieder aktueller denn je ist.



Um ca. 1170 hat der altfranzösische Dichter Chrétien de Troyes die Erzählungen von König Artus und seiner Tafelrunde in "gelehrte" Verse gefaßt, welche der im süddeutsch-alemannischen Raum ansässige Hartmann, Dienstmann von Aue (vermutlich Verwaltungsbeamter aus niedrigem Adel) um ca. 1200 auf Mittelhochdeutsch übersetzte. Die zahlreichen, teilweise illustrierten Handschriften und die berühmten "Iweinfresken" auf Burg Rodenegg und in Schmalkalden zeugen von einer über 300 Jahre dauernden Begeisterung für diesen Stoff. Die Fresken und Illustrationen inspirierten auch bei der Gestaltung der Figuren, insbesondere der Farben der Bekleidung u. Wappen.

 

1995-98 hat Mag. Leo Grausam den Roman des Hartmann von Aue, mit dem er sich in seinem Germanistikstudium intensiver auseinandersetzte, angeregt von Prof. Helmut Birkhan, Univ. Wien, in ein Puppenspiel verwandelt, das diese ursprünglich keltische Geschichte in freier Bearbeitung der verschiedenen Erzählvarianten darstellt.

2002 wurde der Text von Frau Mag.a Iris Pioro, die auch Regie führte, gekürzt und dramaturgisch neu aufbereitet.

 

Reaktionen aus dem Proseminar

„Nur Ritter und Drachen? Das literarische Mittelalter in Kinder- und Jugendbüchern"

von Frau Dr. Siegrid Schmidt, Universität Salzburg, Institut für Germanistik:

 

Zunächst finde ich es grundsätzlich sehr verdienstvoll, dass Sie es unternommen haben, den mittelalterlichen Stoff in unsere Zeit in dieses ganz andere Medium zu holen. [...] Das Textergebnis, das zur Aufführung kommt, ist sehr beachtlich. Stofflich bleiben die zentralen Handlungselemente erhalten. Es wird aber auch eine Spielzeit erreicht, die dem Genre und dem Publikum angemessen ist und doch ergeben sich keine inhaltlichen Brüche oder Ungereimtheiten. Auf jeden Fall hatte ich mit den Studierenden meines Proseminars in der Aufzeichnung der Puppentheater-Aufführung des "Iwein" eine lebendige, bewegte Ergänzung zu unserer Betrachtung mittelalterlicher Stoffe im Kinder- und Jugendbuch. DANKE! Dr. Siegrid Schmidt



Sehr originelle Darstellungsweise [...]. Merlins Funktion als Erzähler ist sehr wichtig. Man kann die Handlung dadurch besser nachvollziehen. Ironische u. unterhaltsame Darstellung des Geschehens. Die ritterliche Atmosphäre, die Abenteuer sind sehr realistisch [...] gestaltet. [...] Ein sehr sehenswertes Stück! Studierende